Es war einmal …
- Bernd Pirrone
- 5. Nov. 2019
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Nov. 2023
(Ein aktuelles GreenWashing-Märchen aus deutschen Landen)

… ein kleines Tannenbäumchen, das stand in einer großen Plantage mit vielen Tausend anderer. Sein Leben war nicht leicht. Es gab viel künstliche Nahrung und seine neuen Freunde am Boden wurden einfach Jahr für Jahr weggespritzt, bis nur noch schwarze Erde da war. Weil das Bäumchen so traurig war, schenkte ihm sein Besitzer einen schönen Namen mit Siegel: ´Naturbaum`. Und weil seinem Herrn der Name sehr gefiel, wollte er gar nicht mehr darauf verzichten. Darum sorgte er dafür, dass es von allen ´Naturbaum` genannt wurde.
So oder so ähnlich beginnt das moderne Märchen vom ´Naturbaum`, der eigentlich einer von ca. 28 Millionen konventioneller Weihnachtsbäume ist, die Jahr für Jahr in Deutschlands Guten Stuben landen. Wie die pure Anzahl schon vermuten lässt, bleibt da von Natur nicht viel übrig. Außer der Tatsache vielleicht, dass der Baum draußen wächst.
Die klassische industrielle Landwirtschaft hat die Bäumchen mit all den Segnungen der Agrochemie unter ihre Fittiche genommen. Da wird mit der ganzen Bandbreite gegen die Natur gearbeitet, mit Herbiziden, Insektiziden, Fungiziden und allem, was der genehmigte Chemiebaukasten so hergibt. Dazu gehört das weltweit in der Kritik stehende Glyphosat oder Roundup, aber auch die vielen Insektenvertilgungsmittel oder -vernichtungsmitteln. All das bedeutet neben dem Anbau in riesigen Monokulturen, der allein schon kritikwürdig ist, einen massiven Eingriff in das Ökogefüge und schadet nachhaltig der Artenvielfalt und befördert das Artensterben.
Praktische Chemie
Bei den riesigen Plantagen kann man den Anbauern aber auch den Gebrauch der praktischen Chemie nicht verübeln. Die kostet nur relativ wenig Geld und deren Folgen bezahlt schließlich die Allgemeinheit mit überdüngten Böden, verseuchtem Grundwasser und viel zusätzlichem CO2, das bei der Produktion der chemischen Mineraldünger und der Pestizide entsteht.
Man kann nicht alles haben
Alternativ müssten die Produzenten mit mechanischen Mitteln und/oder besonderen Schafen die Flächen zwischen den Bäumchen in den ersten sechs Wachstumsjahren freihalten, damit diese überhaupt genügend Licht zum Gedeihen bekommen. Dieses Verfahren wäre erheblich teurer und arbeitsintensiver, hätte allerdings den großen Vorteil, dass das die Insekten und Vögel, den Boden, das Grundwasser und die Menschen, die dort arbeiten, schützen würde. Deshalb arbeiten die Bio-Anbauer auch so. Na ja, man kann nicht alles haben und mit Chemie wachsen die Bäumchen auch schneller - das ist fast so, wie bei den Radrennen-Profis.
BB Sport Luxus Christbaum 150 cm
Also noch einmal, der ´Naturbaum`wächst im Freien und das unterscheidet ihn eindeutig vom Plastikbaum. Der nämlich wird in Fabriken gemacht und hat auch einen schöne Namen: z. B. ´BB Sport Luxus Christbaum 150 cm Dunkelgrün künstlicher Weihnachtsbaum PE/PVC Spritzguss Mix Tannenbaum Standfuß`. Schöne Namen sollen den Produzenten helfen ihre Produkte besser zu verkaufen.
Was gibt der Produzent des ´Naturbaums`denn seinem Schützling sonst noch so mit auf den Weg? – Ein schönes verkaufsförderndes Filmchen, da sagt das Bäumchen gleich zu Beginn: „Ich wurde von der Natur erschaffen. Mein zu Hause ist der Wald, wo die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. …“ Das klingt nach heiler Welt, solls wohl auch. Aber wer schon mal in einem Wald war, der weiß, dass es dort eher ziemlich dunkel ist, weil hohe Bäume den Boden beschatten, also nix für schnell wachsende Tannenbäumchen.
Leider kein Happy End
Aber unser Werbe-Bäumchen fabuliert fleißig weiter: „Hier habe ich viel Platz um mich herum. Hier werde ich groß und stark durch die Kraft der Sonne.“ Also das mit dem Platz passt in der Regel einigermaßen bis zum 6. Standjahr. Das hat aber den Grund, dass die Maschinen da durch passen müssen. In den großen Monokulturflächen werden die kleinen Setzlinge serienmäßig in einem Abstand von ca. 1m auf 1m gepflanzt, zuweilen aber auch 0,8m x 0,8m bei Topfbäumen, je nach Geschäftsmodell. Und heutzutage manchmal schon GPS-gestützt, damit die maschinelle Bearbeitung erleichtert wird.
Und groß und stark machen die erwähnten Doping-Mittel, wie Katana, Kombinationspräparate und Herbizide, wie U 46 M, dass zusammen mit Roundup verwendet wird. Natürlich wissen `die fleißigen Menschen´, die das kleine Bäumchen so oft besuchen kommen, schon aus Gründen der Gewinnmaximierung, was es braucht um das Bäumchen schneller wachsen zu lassen. Schließlich sind wir hier im Bereich Gartenbau bei Ziergehölzen. Da darf man etwas kräftiger in den Chemiekasten greifen, als bei Gemüse, denn die Menschen wollen den Weihnachtsbaum schließlich nicht essen.
Dieses GreenWashing-Märchen hat aber leider kein Happy End. Es leistet der schleichenden Umweltzerstörung Vorschub, fördert den Klimawandel und hilft unsere Welt zu zerstören. Schade.
Comments